4-3 (1 weg, 2 weg) Crawford 

Von Kit Woolsey, 1998 veröffentlicht hier: bkgm.com

Freie Übersetzung: Torsten Lux und Miriam Wieck

Kommentare: Torsten Lux

Nun werden Gammons für den zurückliegenden Spieler interessant: Er kann sie sehr gut gebrauchen, während der führende Spieler keine Verwendung für sie hat. Tatsächlich ist ein Gammon für den Verfolger sogar noch wertvoller als unter normalen Umständen. 

Angenommen, du hast einen Sieg vor Augen, erwägst aber ein riskantes Spiel, das deine Gammon-Chancen erhöht, jedoch die Gefahr birgt, das Spiel zu verlieren. Zu Beginn des Matches (oder beim Moneygame) stehen deine Chancen wie folgt (unter der Annahme, dass der Doppler auf der 2 steht): 

Wenn du gewinnst (kein Gammon), erhältst du +2 Punkte. 
Wenn du ein Gammon gewinnst, erhältst du +4 Punkte.  
Wenn du verlierst, erhältst du -2 Punkte.  

Wenn du also das gefährliche Spiel wählst, riskierst du 4 Punkte (von +2 auf -2), um 2 Punkte zu gewinnen,
d.h. die Chancen für dein Spiel stehen 2 zu 1. Folglich musst du mit deinem Spiel doppelt so viele zusätzliche Gammons gewinnen, wie es zusätzliche Verluste gibt, um das Risiko zu rechtfertigen. 

Bei der 1 weg, 2 weg Situation ist es eine andere Sache. Angenommen, du hast die Verfolgerrolle inne und erwägst ein riskantes Spiel (für den führenden Spieler haben Gammons null Wert; er würde natürlich also kein Risiko eingehen, um das Spiel Gammon zu gewinnen).
Dieses Mal betrachten wir statt der Punkte die Match Equity.  

Wenn du gewinnst (kein Gammon), steht es 4:4 (1 weg, 1 weg), also beträgt deine Equity 50 %. 
Wenn du Gammon gewinnst, gewinnst du das ganze Match, also beträgt deine Equity 100 %. 
Wenn du das Spiel verlierst, verlierst du das Match, also beträgt deine Equity 0 %. 

Wenn du eine riskante Spielweise wagst, riskierst du 50 % Equity (von 50 % auf 0 %), um 50 % Equity (von 50 % auf 100 %) zu gewinnen, d.h., du erhältst für dein Spiel eine gleich hohe Quote.
Wenn dein Spiel mindestens so viele Gammons einbringt, wie es Verluste verursacht, ist es das wert.  
Ein ziemlich großer Unterschied gegenüber normalen Umständen! 

Ein Beispiel: 

Blau kann sich den Gewinn praktisch sichern, indem er mit 9/5 9/3 auf Nummer sicher spielt. In diesem Fall hat er jedoch nur geringe Chancen, ein Gammon zu gewinnen. 8/4* 8/2 erhöht seine Gammon-Chancen; wird er jedoch zurückgetroffen, verliert er wahrscheinlich das ganze Match.  

Unter normalen Umständen wäre es das Risiko nicht wert. Blau wird nicht doppelt so viele zusätzliche Gammons gewinnen, sondern zusätzliche Verluste durch das Schlagen erleiden. Bei diesem Spielstand jedoch ist das anders. 
Überlebt Blau, hat er vernünftige Gammon-Chancen, und da er lediglich mehr zusätzliche Gammons gewinnen muss, als er zusätzliche Spiele verliert, ist es das Risiko wert, 8/4* 8/2 zu spielen. 

In der Frühphase einer Partie sollte der Spielstand berücksichtigt werden. Der führende Spieler sollte nach gammonlosen Stellungen streben, während der zurückliegende Spieler gammonträchtige Stellungen anvisiert. Der führende Spieler heißt Rennen und Holdings willkommen; der Zurückliegende favorisiert Blitze, priming battles und Backgames (und zwar für beide Seiten!) 

Beide Spieler versuchen also, die Spielweisen anzuwenden, die ihnen angesichts des Spielstands am besten zupass kommen.  
Für den führenden Spieler ist es essenziell wichtig, einen vorgeschobenen Anker zu etablieren. Wenn ihm das gelingt, wird sich die Partie wahrscheinlich zu einem Wettrennen oder einem Holding Game mit jeweils relativ wenigen Gammons weiterentwickeln. Naturgemäß wird sein Kontrahent alles daransetzen, der Ausführung dieses Plans einen Riegel vorzuschieben.  

 
Das Eröffnungsspiel ist sehr wichtig. Angenommen, du hast im Eröffnungszug 43 geworfen. Bei einem normalen Spielstand könnte man entweder das Aufbauspiel 13/10 13/9 wählen, oder 24/20 13/10 bzw. 24/21 13/9 spielen. Es besteht kaum ein Unterschied zwischen diesen Spielzügen, und du solltest dich für denjenigen entscheiden, der deinem Stil und deinen persönlichen Vorlieben entspricht. Nicht so in einer 1 weg, 2 weg Situation! Der führende Spieler hat es auf einen vorgeschobenen Anker und ein Renn- oder Haltespiel abgesehen, also muss er seine Backchecker unbedingt splitten. Der Aufbau eines starken Heimfelds ist für ihn weniger wichtig als die Etablierung eines hohen Ankers.
Der zurückliegende Spieler hingegen strebt nach gammonischen Stellungen. Er will nicht zulassen, dass der führende Spieler seinen gewünschten Anker erreicht, und muss 13/9 13/10 spielen.

Hier ein Beispiel für eine frühe Spielentscheidung, die durch den Spielstand stark beeinflusst wird. 

Blau steht vor der Entscheidung, den offensiven 5er-Punkt oder defensiven 20er-Punkt zu machen. Bei einem ausgeglichenen Spielstand wäre die Entscheidung knapp, wobei der Wahl wahrscheinlich auf 24/20 23/20 fallen würde. Liegt Blau jedoch 4:3 zurück, sollte er eindeutig 9/5 8/5 wählen, und damit den Zug, der zu mehr Gammons für beide Seiten führt, da es sein Heimfeld stärkt, aber die Backchecker in ihrer Gefahrensituation belässt.
Wenn Blau mit 4-3 in Führung läge, wäre die Entscheidung keineswegs knapp: 24/20 23/20 wäre eindeutig der einzig richtige Zug. Das Ankern auf dem 20er-Punkt verringert die Chancen, gammonisiert zu werden, erheblich. 

Im Allgemeinen begünstigen Gammons den Zurückliegenden mehr als den Führenden; ihm oder ihr bringen die zusätzlichen Punkt aus dem Gammon mehr, insbesondere, nachdem der Doppler schon eingesetzt wurde.
Extrapunkte aus einem Gammon können mehr sein, als der Führende überhaupt zum Gewinn des Matches benötigt. Den Zurückliegenden können die Extrapunkte jedoch unverhofft in die Spielführung katapultieren.

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